Auf Reisen zählt das Wandern zu meinen liebsten Hobbies und da darf es gerne recht abenteuerlich über Stock und Stein und hoch hinaus gehen. Vor einigen Jahren entdeckte ich in den bayerischen Bergen außerdem Klettersteige für mich, die mich inzwischen noch mehr reizen als normale Wanderungen.
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Aber was sind Klettersteige überhaupt? Im Grunde handelt es sich um eine Mischung aus Wandern und Klettern, in Kombination mit abenteuerlichen Wegen und häufig atemberaubenden Aussichten. Dabei ist man die meiste Zeit über mit einem Klettersteigset per Karabinerhaken an einem Drahtseil gesichert.
Grundvoraussetzungen für Klettersteige sind auf jeden Fall Schwindelfreiheit und Trittsicherheit. Auch wenn man gesichert ist, bedarf es hier einem hohen Maß an Konzentration und Fokus. Denn im Zweifel schützt einen das Klettersteigset zwar davor, viele Meter in die Tiefe zu stürzen, aber nicht grundsätzlich vor einem Sturz oder Verletzungen.
Vorbereitung: Die richtige Ausrüstung
Vor dem ersten Klettersteig empfehle ich gerne das Buch "Leichte Klettersteige in den Alpen " weiter, das grundlegende Tipps zu Ausrüstung und Schwierigkeitsgraden gibt und zahlreiche einfache Klettersteige in den Alpen beschreibt.
Zum grundsätzlichen Klettersteig-Equipment gehören:
Klettersteigset Klettergeschirr Helm Handschuhe
Mein grundsätzliches Klettersteig-Equipment. © Anna/Reiselustig
Zur genauen Ausrüstung lässt man sich am besten in einem entsprechend spezialisierten Geschäft beraten, denn dort kann man die Ausrüstung direkt anprobieren und testen. Von Online-Bestellungen rate ich ab, da die Ausrüstung perfekt passen soll und das kann man als Anfänger*in in der Regel nicht so richtig beurteilen. Schließlich rettet so eine Kletterausrüstung im Zweifel dein Leben.
Als Schuhe nutze ich meine ganz normalen Wanderschuhe und komme damit bisher auch bei Klettersteigen gut zurecht. Klamottentechnisch gibt es auch extra Kletterkleidung, aber ganz normale Wander- oder Sportkleidung tut's auch. In jedem Fall sollte man darauf achten, dass man sich gut bewegen kann und sowohl Beine als auch Arme nicht durch Klamotten in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind.
Zusätzlich legte ich mir später noch ein Erste Hilfe Kit für Klettertouren zu, das seitdem in meinem Rucksack nicht fehlen darf. Auch eine Stirnlampe ist bei Klettersteigen häufig von Vorteil, da die Wege nicht selten durch kleine dunkle Tunnel führen. Außerdem ist natürlich auf ausreichend Flüssigkeit und Verpflegung zu achten!
Vorbereitung: Die Schwierigkeitsgrade
Bei Klettersteigen gibt es verschiedene Schwierigkeitsgrade, bei denen zwischen zwei Skalen unterschieden wird:
Hüsler Skala: A (sehr einfach) bis F (> extrem schwierig) Schall Skala: K1 (sehr einfach) bis K6 (>extrem schwierig)
Details zu den Schwierigkeitsgraden findet ihr hier. Für Neulinge sind die Level A und B geeignet und teilweise können auch C Steige bestritten werden.
Immer sicher unterwegs. © Anna/Reiselustig
Klettersteige für Anfänger*innen: Übungsklettersteig in Boppard
Vor dem ersten Klettersteig-Urlaub testete ich mein Equipment mit einer Freundin auf dem Übungsklettersteig in Boppard . Hier ist Klettersteig-Ausrüstung zwar nicht zwingend erforderlich, aber um alles in Ruhe auszuprobieren und sich mit dem Equipment vertraut zu machen, ist der Steig eine empfehlenswerte erste Übung. Die Strecke führt durch Weinberge und Wald und bietet tolle Aussichten auf den Rhein und die Umgebung. Danach fühlte ich mich bereit für richtige Berge und reiste mit meiner Schwester in die bayerischen Alpen.
Erste Übungsversuche in Boppard. © Anna/Reiselustig
Klettersteige für Anfänger*innen: Der Schützensteig am Königssee
Der Schützensteig ist Level A-B und somit perfekt für Einsteiger*innen. Es geht zunächst mit der Jennerbahn auf den Jenner und von der Bergstation zu Fuß ein Stück hinab zum Einstieg des Klettersteigs. Dort befindet sich der „kleine Jenner“, um den der Schützensteig hauptsächlich mit Eisenstufen und Stahlseilen einmal herumführt. Das größte Highlight des Schützensteigs ist der Flying Fox, eine kurze Seilbahn, mit der man einen großen Felsspalt überquert. Der Flying Fox kann aber auch ganz einfach umgangen werden. Ein weiteres Highlight ist eine Hängebrücke – eine wahrlich wacklige Angelegenheit. Dabei wird man ständig begleitet von atemberaubenden Aussichten auf den Königssee und den gegenüberliegenden Watzmann.
Klettern & Camping
Wer die Kletterei wie ich gern mit Camping verbindet, freut sich am Abend nach einem Klettersteig besonders über eine warme Dusche, deshalb finde ich es immer ganz praktisch, nach einem Klettersteig einen Campingplatz anzusteuern. Am Königssee ist die Campingsituation nicht ganz einfach, da in der Hauptsaison wirklich sehr viel los ist. Ich kann jedoch entweder den Campingplatz Grafenlehen in Schönau empfehlen oder, wem die ca. einstündige Fahrt nichts ausmacht, der mag vielleicht auch über die österreichische Grenze fahren und auf dem wirklich toll angelegten Camping Grubhof in St. Martin bei Lofer ein Plätzchen ergattern.
Erste Ausflüge in die bayrischen Alpen. © Anna/Reiselustig
Klettersteige für Anfänger*innen: Die Alpspitz Ferrata
Die Alpspitz Ferrata ist ein technisch wenig anspruchsvoller Klettersteig, der aber durch die wahnsinnig tollen Aussichten besticht und einem durch seine Länge konditionell einiges abverlangt. Dennoch ist sie für Neulinge gut geeignet, da hier recht viel Eisen verbaut wurde und der Steig von zahlreichen Eisenleitern, Stufen und Stahlseilen geprägt ist. Es bieten sich herrliche Panorama-Blicke hinüber Richtung Zugspitze, ins Höllental und quer über das Grainauer und Garmisch-Partenkirchener Umland. Von Garmisch-Partenkirchen aus fährt man mit der Alpspitz Bahn hinauf bis zur Bergstation. Diese liegt jedoch gute 600 m unterhalb des auf 2628 m gelegenen Gipfels, weshalb für die Erklimmung der Alpspitze ausreichend Zeit eingeplant werden sollte. Denn 600 Höhenmeter brauchen ihre Zeit ;-) 4,5 bis 5 Stunden sollte man für den Klettersteig schon einplanen und bei der Vorbereitung unbedingt auch auf die Zeiten der Bergbahn achten, damit man die letzte Talfahrt nicht verpasst.
Vom Gipfelkreuz, das nicht selten mitten in den Wolken liegt, kann man für den Rückweg entweder wieder den gleichen Weg wählen, oder man entscheidet sich wie wir für den Abstieg über ein großes Geröllfeld. Das ist vermutlich die anstrengendere Variante, weil man immer wieder mehr oder weniger kontrolliert hinab rutscht und so Knie und Oberschenkel stark belastet werden. Am Ende des Geröllfeldes folgen dann noch einige Eisenleitern und schmale, mit Stahlseilen gesicherte Wegabschnitte, sowie ein kurzer Tunnel, bis man schließlich wieder die Bergstation erreicht – und zwar hoffentlich vor der letzten Talfahrt.
Rund um Garmisch-Partenkirchen ist das Camping Resort Zugspitze in Grainau eine gute Wahl. Der Platz ist bestens ausgestattet und verfügt sogar über eine Sauna - ein besseres Entspannungsprogramm kann man sich nach einem anstrengenden Klettersteig ja kaum wünschen! Von hier aus kann man außerdem am nächsten Tag einen gemütlichen Ausflug zum Eibsee am Fuß der Zugspitze machen.
Nach der Anstrengung vom Panorama belohnt. © Anna/Reiselustig
Klettersteige für Anfänger*innen: Roc de Cornillon
Auch in den französischen Bergen sind meine Schwester und ich inzwischen ein paar anfängertaugliche Klettersteige entdeckt, so zum Beispiel den Roc de Cornillon am Lac du Bourget. Hier umklettert man einen hervorstehenden Felsen und muss definitiv schwindelfrei sein. Der Steig ist technisch nicht besonders anspruchsvoll, da auch hier viel Eisen verbaut wurde und man so sehr gut gesichert ist, jedoch klettert man die meiste Zeit recht luftig entlang einer senkrechten Felswand, sodass hier wirklich höchste Konzentration geboten ist. Die Aussicht auf den Lac de Bourget entlohnt jedoch allemal für die Anstrengung ☺
Unweit des Roc de Cornillon befindet sich der Campingplatz „Camping des Lacs “ an einem kleinen See in Saint Jean de Chevelu, auf dem man sich nach dem Klettersteig in Ruhe erholen kann.
Aussicht auf den Lac de Bourget. © Anna/Reiselustig